Die in Deutschland und Europa vorherrschende industrielle Landwirtschaft bedroht Artenvielfalt und Klima. Im Gegensatz dazu stellt vor allem der ökologische Landbau eine nachhaltige Biomasse-Produktion sicher.
© Eva-Maria Lopez
von Ilka Dege, DNR
Ist von den Chancen der Bioökonomie die Rede, prasselt es förmlich vor in Nachhaltigkeitsrhetorik gekleideten Versprechen. Mit einer offensichtlichen Schwachstelle: Woher sollen die erforderlichen Ressourcen kommen bzw. wie sollen sie produziert werden?
Als unstrittig muss die klimapolitische Notwendigkeit gelten, fossile Rohstoffe im Boden zu lassen. Doch können diese durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden? Angesichts des ungeheuren Ressourcenbedarfs ein ungeheuerlicher Anspruch, den weder altbewährte noch neu forcierte Methoden der Landwirtschaft leisten können. Daher kann es nur nachhaltige Bioökonomie-Konzepte geben, die das Erfordernis eines reduzierten Ressourcenverbrauchs zur ihrer Grundlage erklären.
In welch falsche Richtung bloße Ersatzstrategien laufen können, zeigen die Verfehlungen im Bereich Bioenergie in aller Deutlichkeit. Noch vor Jahren als vielversprechendes Feld der Bioökonomie gehypt, sind ihre Hinterlassenschaft Wüsten von Palmölplantagen und Mais inklusive einer absurden Förderpolitik, an der Menschen und Ökosysteme weltweit bis heute schwer zu tragen haben.
Der heutigen Bioökonomie-Strategie fehlt es an überzeugenden Antworten, die über den reinen Ersatz von Rohstoffen hinausgehen – trotz steigender Ressourcenansprüche für Energie, Industrie und weitere Nutzungen (1). Angesichts der planetarischen Grenzen und der bereits herrschenden Flächenkonkurrenz muss der Ausgangspunkt aller Debatten und kalkulatorischer Annahmen sein, mit welchen Methoden die Landwirtschaft nicht unendlich viele, sondern unendlich lange eine begrenzte Menge biologischer Rohstoffe liefern kann.
Zusätzliche Flächen für die Landwirtschaft zu nutzen, ist keine Option. In zwei erschütternden Berichten haben Weltbiodiversitäts- und Weltklimarat in diesem Jahr klargemacht, in welchem Ausmaß und Umfang Lebensräume und Artenvielfalt bedroht sind und in der Folge Ökosystemleistungen abnehmen (2). Spielt die Natur nicht mehr mit, sinken Erträge und führen damit zu weniger statt mehr Rohstoffen. Im Umkehrschluss heißt das: Hände weg von Rückzugsflächen und bestehende landwirtschaftliche Flächen so bewirtschaften, dass natürliche Ressourcen wie Wasser, Boden, Luft und die biologische Vielfalt gehegt und gepflegt werden.
Deutschland und Europa sollten sich deshalb hüten, die hierzulande vorherrschende Art der Landwirtschaft als weltweites Vorbildmodell zu propagieren und zu exportieren. Denn die höheren Erträge, die in den letzten Jahrzehnten durch eine zunehmende Abhängigkeit von Mineraldüngern und Pestiziden erkauft wurden, sind am Limit angekommen und auf Kosten von Umwelt und Natur zustande gekommen. Der entstandene Flurschaden ist enorm: Humusverlust im Boden, Nitrat- und Pestizidbelastung der Gewässer und Emissionen der Intensivtierhaltung in der Luft. Hinzu kommt, dass der Lebensmittelverbrauch in Europa die zur Verfügung stehende Fläche weit übersteigt und auf Importe aus dem Globalen Süden angewiesen ist (3). Die Art der Landwirtschaft, wie wir sie in Deutschland auf 90 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen betreiben, sowie unser Konsumanspruch sind also Teil des Problems und nicht der Lösung.
Eine Absage an Intensivierung und Innovationen ist das nicht. Agrarökologische Methoden, allen voran der ökologische Landbau, und eine verbesserte Kreislaufwirtschaft sind das unausgeschöpfte Potential, um Ressourcen weit besser als bisher zu nutzen. Aber auch hier gilt: Am Ende gehört Biomasse wieder zurück in den Kreislauf, denn die Natur kennt keine Abfallstoffe. Regenwürmer, Mikroorganismen und auch Bestäuber sind zur Ernährung und in ihrem Fortbestand darauf angewiesen. Sie danken es uns, mit unentgeltlichen Leistungen und gesicherten Erträgen. Denn nehmen wir die Bioökonomie beim Wort, ist „biologisch wirtschaften“ die Erfolgsformel, die dem Konzept zugrunde liegt.
zum Weiterlesen:
www.dnr.de
Ilka Dege ist gelernte und studierte Landwirtin und Koordinatorin für Biodiversitätspolitik beim Deutschen Naturschutzring
von Ilka Dege, DNR
© Eva-Maria Lopez
Die in Deutschland und Europa vorherrschende industrielle Landwirtschaft bedroht Artenvielfalt und Klima. Im Gegensatz dazu stellt vor allem der ökologische Landbau eine nachhaltige Biomasse-Produktion sicher.
Ist von den Chancen der Bioökonomie die Rede, prasselt es förmlich vor in Nachhaltigkeitsrhetorik gekleideten Versprechen. Mit einer offensichtlichen Schwachstelle: Woher sollen die erforderlichen Ressourcen kommen bzw. wie sollen sie produziert werden?
Als unstrittig muss die klimapolitische Notwendigkeit gelten, fossile Rohstoffe im Boden zu lassen. Doch können diese durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden? Angesichts des ungeheuren Ressourcenbedarfs ein ungeheuerlicher Anspruch, den weder altbewährte noch neu forcierte Methoden der Landwirtschaft leisten können. Daher kann es nur nachhaltige Bioökonomie-Konzepte geben, die das Erfordernis eines reduzierten Ressourcenverbrauchs zur ihrer Grundlage erklären.
In welch falsche Richtung bloße Ersatzstrategien laufen können, zeigen die Verfehlungen im Bereich Bioenergie in aller Deutlichkeit. Noch vor Jahren als vielversprechendes Feld der Bioökonomie gehypt, sind ihre Hinterlassenschaft Wüsten von Palmölplantagen und Mais inklusive einer absurden Förderpolitik, an der Menschen und Ökosysteme weltweit bis heute schwer zu tragen haben.
Der heutigen Bioökonomie-Strategie fehlt es an überzeugenden Antworten, die über den reinen Ersatz von Rohstoffen hinausgehen – trotz steigender Ressourcenansprüche für Energie, Industrie und weitere Nutzungen (1). Angesichts der planetarischen Grenzen und der bereits herrschenden Flächenkonkurrenz muss der Ausgangspunkt aller Debatten und kalkulatorischer Annahmen sein, mit welchen Methoden die Landwirtschaft nicht unendlich viele, sondern unendlich lange eine begrenzte Menge biologischer Rohstoffe liefern kann.
Zusätzliche Flächen für die Landwirtschaft zu nutzen, ist keine Option. In zwei erschütternden Berichten haben Weltbiodiversitäts- und Weltklimarat in diesem Jahr klargemacht, in welchem Ausmaß und Umfang Lebensräume und Artenvielfalt bedroht sind und in der Folge Ökosystemleistungen abnehmen (2). Spielt die Natur nicht mehr mit, sinken Erträge und führen damit zu weniger statt mehr Rohstoffen. Im Umkehrschluss heißt das: Hände weg von Rückzugsflächen und bestehende landwirtschaftliche Flächen so bewirtschaften, dass natürliche Ressourcen wie Wasser, Boden, Luft und die biologische Vielfalt gehegt und gepflegt werden.
Deutschland und Europa sollten sich deshalb hüten, die hierzulande vorherrschende Art der Landwirtschaft als weltweites Vorbildmodell zu propagieren und zu exportieren. Denn die höheren Erträge, die in den letzten Jahrzehnten durch eine zunehmende Abhängigkeit von Mineraldüngern und Pestiziden erkauft wurden, sind am Limit angekommen und auf Kosten von Umwelt und Natur zustande gekommen. Der entstandene Flurschaden ist enorm: Humusverlust im Boden, Nitrat- und Pestizidbelastung der Gewässer und Emissionen der Intensivtierhaltung in der Luft. Hinzu kommt, dass der Lebensmittelverbrauch in Europa die zur Verfügung stehende Fläche weit übersteigt und auf Importe aus dem Globalen Süden angewiesen ist (3). Die Art der Landwirtschaft, wie wir sie in Deutschland auf 90 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen betreiben, sowie unser Konsumanspruch sind also Teil des Problems und nicht der Lösung.
Eine Absage an Intensivierung und Innovationen ist das nicht. Agrarökologische Methoden, allen voran der ökologische Landbau, und eine verbesserte Kreislaufwirtschaft sind das unausgeschöpfte Potential, um Ressourcen weit besser als bisher zu nutzen. Aber auch hier gilt: Am Ende gehört Biomasse wieder zurück in den Kreislauf, denn die Natur kennt keine Abfallstoffe. Regenwürmer, Mikroorganismen und auch Bestäuber sind zur Ernährung und in ihrem Fortbestand darauf angewiesen. Sie danken es uns, mit unentgeltlichen Leistungen und gesicherten Erträgen. Denn nehmen wir die Bioökonomie beim Wort, ist „biologisch wirtschaften“ die Erfolgsformel, die dem Konzept zugrunde liegt.
Ilka Dege ist gelernte und studierte Landwirtin und Koordinatorin für Biodiversitätspolitik beim Deutschen Naturschutzring
© denkhausbremen e. V.